Historie


Der Anfang des Rundfunks
Vorbemerkung Im Jahre 2020 wurde in ganz Deutschland ein Jubiläum begangen, das bedauerlicherweise nicht so im Fokus der Öffentlichkeit stand, wie zum Beispiel der Gewinn der Champions League im Fußball oder die Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin. Es geht dabei um ein Medium, das der unmittelbare Vorläufer des Fernsehens war. Das Radio. Mit den Worten, „Hallo Hallo, hier Königs Wusterhausen auf Welle 2700.“, begann am 22. Dezember 1920 die Stunde des Radios. 100 Jahre sind aus historischer Sicht eine relativ kurze Zeit. In diese Zeit wurde jedoch eine Technologie hervorgebracht und entwickelt, die ursprünglich nur für das Militär und die Wirtschaft gedacht war, die aber das Leben der Menschen im Einzelnen und das Zusammenleben der Völker im Großen und Ganzen sehr stark beeinflusste. Wenn anfangs der Impuls für den Rundfunk in Deutschland von Königs Wusterhausen ausging, so entfaltete sich in der Folgezeit in Mitteldeutschland ein bedeutsames Zentrum des Rundfunks. Ein fester Bestandteil dabei war der Sender Dresden im späteren Freistaat Sachsen. Dieser Sender durchlief durch die Kriegsereignisse und die unmittelbare Nachkriegszeit eine wechselvolle Entwicklung. Diese Entwicklung gipfelte letztendlich in dem Neuaufbau eines neuen Sendezentrums mit neuer Sendetechnik und einer Sendereichweite bis zur Südspitze von Afrika. Es handelt sich dabei um das Funkamt Dresden mit dem MW-Sender Wilsdruff auf einem Höhenzug in der Nähe der Stadt Wilsdruff. Damit steht der Standort Wilsdruff mit seiner historischen Technik und dem bedeutsamen architektonischen Objektensembles in direkter Erblinie zum Anfang im Jahre 1920. Daraus erklären sich auch die Bedeutsamkeit des Objektes und die Notwendigkeit des erlassenen Denkmalschutzes. Aus der Geschichte des Rundfunks: 1886 Heinrich Hertz erzeugt erstmals elektromagnetische Wellen und beweist deren Ähnlichkeit mit
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Der Sendebeginn
Mittelwelle, 1043 / 1044 Kilohertz 60 Jahre Großsender Wilsdruff Hajo Böhme Wilsdruff, im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert bekannt für seine Möbelherstellung, ist eine Kleinstadt westlich von Dresden. Das Rathaus beherbergt das erste Glasglockenspiel der Welt, und vor dem Amtssitz ziert eine rekonstruierte kursächsische Postdistanzsäule von 1730 den Markt. Wer auf der Autobahn A4 zwischen Chemnitz und Dresden unterwegs ist, erblickt auf einer Anhöhe nahe der Stadt Wilsdruff einen hohen, rot-weiß gestreiften Sendemast; nachts ist kilometerweit die rote Flugwarnbeleuchtung des Mastes zu sehen. Kaum jemand wird aber etwas wissen über die Entstehung und die Funktion dieses Bauwerks, mit dem ein Kapitel Rundfunkgeschichte geschrieben wurde. Begonnen hat diese 1922in Königs Wusterhausen bei Berlin mit dem ersten „öffentlichen Rundfunkdienst mit Sprechempfang" für die Verbreitung von Wirtschafts-, Börsen- und amtlichen Nachrichten. Ein Jahr später, am29. Oktober 1923, strahlte der erste deutsche Rundfunksender mit Programmgestaltung aus dem VOX-Haus Berlin seine erste offizielle Sendung der Radio-Stunde A.G. aus. Mit einer Leistung von 250 Watt auf der Frequenz 750 Kilohertz begann die sprunghafte tech-nische Entwicklung des Rundfunks in Deutschland. Am 1. März 1924, am Vorabend der Leipziger Frühjahrsmesse, nahm der zweite Rundfunksender des Deutschen Reichs mit der Leistung von 250 Watt auf der Frequenz 664 Kilohertz mit dem Programm der Mitteldeutschen Rundfunk AG (MIRAG) im Gebäude des Neuen Johannis-Hospitals in Leipzig seinen Betrieb auf. Die Sendungen wurden über eine 50 Meter lange, zwischen zwei 30 Meter hohen Stahlrohrmasten auf dem Dach des Gebäudes gespannte Doppel-T-Antenne abgestrahlt. Als zweiter Hörrundfunksender Sachsens ging am 22.Februar 1925 der Sender in Dresden auf der Frequenz 941 Kilohertz in Betrieb. Der Mittelwellen-Sender war im 5. Stock des Rathauses Dresden aufgebaut und wurde mit einer Leistung von 700 Watt über eine Langdrahtantenne betrieben, die zwischen dem Rathausturm und dem Turm der Kreuzkirche gespannt war. Dieser Sender fiel im Februar 1945 dem alliierten Bombenangriff auf Dresden zum Opfer. Die dortige Reichspostdirektion beantragte einen Ersatzsender und erhielt aus Wehrmachtsbeständen zwei fahrbare Langwellensender des Typs 1500/III zugewiesen. Durch die Kriegsereignisse erreichte aber nur ein Sender Dresden, der andere überdauerte das Kriegsende beim Postamt in Lauenstein / Erzgebirge. Auf der Dresdener Räcknitzhöhe konnte man zwar sofort mit dem Aufbau des bereitgestellten Senders beginnen, die Arbeiten waren aber bis Kriegsende nicht abgeschlossen; der Befehl des Wehrmachtsnachrichtenkommandos, beide Sender bei Feindbesetzung zu zerstören, wurde verweigert. Am 16. Mai 1945 stellte die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) die durch Kampfhandlungen beschädigte und vom Personal verlassene fahrbare Sendeanlage sicher. Einen Tag später beauftragte sie über die Oberpostdirektion Dresden das Telegrafenbauamt, den Aufbau und die Inbetriebnahme des Senders Dresden fortzusetzen und den in Lauenstein eingelagerten Sender heranzuschaffen. Mehrere mögliche Standorte für Sender wurden begutachtet, dann entschieden sich die Vertreter der SMAD, der OPD Dresden und der Landesverwaltung Sachsen für ein Nebengebäude der ehemaligen Polizeifunkstelle und -schule des ,,Dritten Reichs.. in Dresden-Trachau am Wilden Mann, unmittelbar neben einer noch gebrauchsfähigen Antennenanlage. Das Personal zum Betreiben des Senders sicherte die Oberpostdirektion Dresden und unterstellte es dem örtlichen Fernmeldeamt: ein Dienststellenleiter, 4 Betriebsingenieure, 14- Mitarbeiter Betriebsdienst und 11 Wachkräfte. Der Verbindungsoffizier der SMAD und Chef der Abteilung für Fernmeldewesen der SMAD, Generalmajor der Nachrichtentruppen Popow, legte als endgültigen Betriebsbeginn den 1. Juni 1946 fest. Nach anfänglichem Probebetrieb mit geringer Leistung nahm der Sender Anfang August seinen vollen Betrieb auf der Frequenz 519 Kilohertz auf. Am 15. August I 946 erfolgte die offizielle lnbetriebnahme der zwei auf den Mittelwellenbereich umgerüsteten, je 1,5 Kilowatt abstrahlenden ehemaligen Sender der Wehrmacht mit wechselseitigem Betrieb. Gleichzeitig liefen Vorbereitungen, einen 20-Kilowatt-MittelwelIen-Sender der Firma C. Lorenz AG aufzustellen. Nach einem Bericht des Post- und Fernmeldetechnischen Zentralamts vorn 23. Januar 1947 befand sich dieser Sender bereits im Prüffeld der Firma Lorenz. Er konnte in Dresden allerdings nicht mehr aufgebaut werden. da seine Auslieferung wegen der politischen Teilung Deutschlands verhindert wurde. Im August 1950 erhielt Dresden einen sechsstufigen anodenspannungsmodulierten Sender mit einer Leistung von 3,5 Kilowatt von der Firma Stark aus Königs Wusterhausen, der am 8. August 1950 auf der Frequenz 910 Kilohertz seinen Betrieb aufnahm. Dieser Sender in Dresden-Trachau war die erste Funkstelle des Funkamtes Dresden, das im September 1952 gegründet wurde. Die stürmische Entwicklung des Rundfunks in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg führte zu einer Überbelegung des Lang- und Mittelwellenbereichs und damit zu beträchtlichen Einschränkungen in der Empfangsqualität. Auf der Wellenkonferenz in Kopenhagen im September 1948 beschlossen die Länder der Region 1 (Europa - Deutschland war ausgeschlossen - Sowjetunion, Mongolei, Afrika, Vorderasien, Arabien) einen Wellenplan zur Koordinierung und Neuverteilung der Lang- und Mittelwellenfrequenzen, der am 15. März 1950 als Koppenhagener Wellenplan in Kraft trat. Für die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) sah der Plan nur die Frequenzen 1013 Kilohertz und 1570 Kilohertz vor. Zusätzlich für die in Deutschland stationierten sowjetischen Streitkräfte wies er die Frequenz 782 Kilohertz zu, die diese für den Rundfunk in der SBZ zur Verfügung stellten. Mehrere Sender, wie zum Beispiel Potsdam, Schwerin, Bernburg und Erfurt, mussten mit Inkrafttreten des Kopenhagener Wellenplans am 15. März 1950 abgeschaltet werden. Als man Mitte 1950 aber feststellte, dass sich in den europäischen Ländern niemand an die international vereinbarte Abschaltung der Sender und die Reduzierung der Leistungen hielt, leitete die DDR Maßnahmen ein, um die Rundfunkversorgung ihrer Bevölkerung umfassend zu sichern. In Anbetracht des weltweit einsetzenden Trends zur Erhöhung der Sendeleistung beauftragte das Ministerium für Post- und Fernmeldewesen (MPF) noch im gleichen Jahr das Funkwerk Köpenick, Mittelwellen-Großsender mit Bauelementen und Röhren aus DDR-Produktion zu entwickeln und zu bauen. Der Beschluss über den 1. Fünfjahresplan der DDR vom 5. November 1950 enthielt zudem die Aufgabe, im Zeitraum 1951/55 Mittelwellensender mit großer Reichweite herzustellen. Dabei war auch an den Aufbau einer Mittelwellen-Sendestelle mit einer Leistung von 250 Kilowatt in der Nähe der sächsischen Landeshauptstadt Dresden gedacht. Nach Prüfung verschiedener Standorte fiel die Wahl auf ein 22 Hektar großes Gelände zwischen Wilsdruff und Birkenhain an der Autobahn Dresden-Chemnitz. Aufgrund der felsigen Bodenstruktur und der zahlreichen Wasseradern boten sich hier ideale Bedingungen für eine optimal wirkende Sendeantenne mit großer Reichweite. Im Juli 1952 begannen die ersten Erschließungsarbeiten, offizieller Baubeginn war September 1952. Der Entwurf für das etwa 12 Millionen Mark teure Objekt einschließlich Verwaltungsgebäude für das vorgesehene Funkamt Dresden sowie von drei Wohnhäusern mit insgesamt 16 Wohnungen unterschiedlicher Größe für das Personal stammte von Kurt Nowotny, 1950 bis 1972 Chefarchitekt im MPF in Berlin. In Zusammenarbeit mit den Architekten Heinrich Schwabe und Erika Lindner vom Projektierungsbüro Dresden der Deutschen Post wurden die Pläne umgesetzt. Die Gebäude, im neoklassizistischen Baustil errichtet, entsprachen im Wesentlichen den Gebäuden aller in der DDR in den l950er-Jahren entstandenen Mittelwellen-Großsender in Schwerin (Wöbbelin), Burg (Brehm), Berlin-Köpenick und Erfurt (Wachenbrunn) sowie dem 750 Kilowatt-Langwellensender Zehlendorf bei Oranienburg, die gleichzeitig alle zum Sitz der jeweiligen Funkämter wurden. Hauptauftragnehmer für Wilsdruff waren die Bau-Union Dresden, der Funk- und Fernmelde-anlagenbau Berlin und das Funkwerk Köpenick. Die Stromversorgungsanlage lieferte der Volkseigene Maschinenbau Berlin, und die gesamte Rückkühl- und Lüfteranlage errichtete der Lufttechnische Anlagenbau Berlin-Lichtenberg. Von Anfang an war das Bauvorhaben geheimnisumwittert, nicht zuletzt wegen der Sicherung des Objekts mit insgesamt sechs Kilometern Zaun und der Bewachung durch den Betriebsschutz der Polizei. Im Frühjahr 1953 begann die Firma Stahlbau Leipzig die Montage des 153 Meter hohen selbststrahlenden Rohrmasts und der als Ersatzantenne geplanten Dreieckflächenantenne. Die Wandstärke der Stahlröhre beträgt neun Millimeter, der Durchmesser 1,40 Meter, ihre montierten Schusslängen vier Meter. Der Rohrmast ist in den Höhen 60 und 120 Meter jeweils nach drei Seiten abgespannt und ruht mit seinem Eigengewicht von 110 Tonnen auf einem Keramik-Druckkörper-Isolator. Zusätzlich wird jede der sechs Abspannungen mit einer Vorspannkraft von rund 40 Kilonewton belastet. Die beachtliche Höhe und der rot-weiße Anstrich verliehen Wilsdruff den Titel ,,Stadt am Funkturm", mit dem Rohrmast als weithin sichtbarer Landmarke. Ebenfalls im Frühjahr 1953 begann der Aufbau des 250-Kilowatt-Senders, in den die bereits gesammelten Erfahrungen beim Aufbau des ersten Senders dieser Art in Berlin-Köpenick einflossen. Er ging im September 1953 auf der Frequenz 1043 Kilohertz in Betrieb. Der Sender war so konstruiert, dass jede Frequenz im Mittelwellen-Bereich von 500 bis 1680 Kilohertz übertragen werden konnte. Beeindruckend ist an diesem Sender die offene Bauweise der Endstufen. Große Spulen und Kondensatoren, gepaart mit Leistungsröhren, bilden die Schwingkreise, das Herzstück des Senders, der teils offen, teils geschlossen aufgebaut ist. Die Endstufenröhren arbeiten in Gegentakt-C-Schaltung und sind wie die Vorstufenröhren wassergekühlt. Wie in den Gründungsjahren des Rundfunks wurden an diesem Sender bis zur Einstellung des Betriebs 1993 die Sendungen mit nahezu unveränderten Technologien verstärkt und abgestrahlt: wassergekühlte große Senderöhren, riesige Spulen (Variometer) aus Kupferrohr, Platten-kondensatoren aus Keramik, mit Laschen manuell in Gruppen zusammengeschaltet, und Hoch-spannungsgleichrichter mit Quecksilberdampfröhren. Zum Betreiben des Senders waren 1953 vier Betriebsingenieure, 16 Mitarbeiter im Sendebetrieb, 12 Mitarbeiter in den Stromversorgungs- und Kühlanlagen sowie 12 Mitarbeiter im Maschinenhaus im Drei-Schichten-Dienst tätig. Durch Verbesserungen im Betriebsablauf und Einbau von teil- oder vollautomatisierten Überwachungs- und Steuerungseinrichtungen verringerte sich das technische Personal ab Mitte der 1960er-Jahre auf 12 Mitarbeiter. Die Modulationszuführung zum Sender für das bis 1990 abgestrahlte Programm Radio DDR I erfolgte vom Hauptschaltraum des Studios in Berlin-Nalepastraße innerhalb eines hochwertigen Kabel- oder Richtfunkkanals zum Rundfunkverstärkeramt Dresden, von dort über ein Modulationserdkabel parallel zur Autobahn A4 zu den Eingangsstufen des Senders. Dem Sender zugeordnet sind verschiedene Antennenanlagen. Über konzentrische Rohrleitungen erfolgt die Übertragung der modulierten Leistung vom Antennenwahlschalter innerhalb des Gebäudes bis zum Übergang ins Freie, dort dann als konzentrische Reusenleitung zu den Antennen. Parallel zum Aufbau des Senders entstand eine Netzersatzanlage. Sie besteht aus zwei Generatoren, von denen jeder eine maximale Leistung von 600 Kilovoltampere erzeugen kann. Als Antriebs-maschinen für die Generatoren dienen zwei Schiffsdiesel mit einer Leistung von je 750 PS. Wenn die zum Anlassen benötigte Druckluft in vier der jeweils acht Zylinder strömt, erfüllt ohrenbetäubender Lärm die etwa 100 Quadratmeter große Maschinenhalle. Nach wenigen Minuten haben die Maschinen ihre Drehzahl von 428 Umdrehungen pro Minute erreicht und die Generatoren erzeugen Energie. Bei Volllast verbrauchen die Motoren 240 Liter Dieselkraftstoff pro Stunde. 1959 ging ein 20-Kilowatt-Sender als Reservesender in Betrieb. der in den Folgejahren bis I978 vorwiegend das Nachtprogramm von Radio DDR ausstrahlte. Nach Inkrafttreten der Vereinbarungen der Genfer Wellenplankonferenz im November 1978 wurde das Mittelwellen-Raster um 1 Kilohertz versetzt. Die Wilsdruffer Anlage sendete nun auf der Frequenz 1044 Kilohertz mit 250 Kilowatt das Programm „Radio DDR 1“. Der 20-Kilowatt-Sender strahlte auf der Frequenz 1431 Kilohertz das Programm ,,Berliner Rundfunk" ab. Mit der Fertigstellung des Objekts Wilsdruff und der feierlichen Einweihung im Mai I954 verlegte das Funkamt Dresden seinen Sitz von Dresden-Trachau nach Wilsdruff in die neuen Verwaltungsgebäude. Zuständig für alle Rundfunk- und Fernsehsender in den Bezirken Dresden, Karl-Marx-Stadt und Cottbus. wurde das Funkamt Dresden durch Neubau von Funkstellen und Zuordnung von Sendern nach dem Territorialprinzip bald zum größten Funkamt der DDR. Große Funkstellen wie zum Beispiel der UKW- und Fernsehturm Dresden-Wachwitz, die UKW- und Fernsehsender Calau bei Cottbus, der Mittelwellen-Sender Schwarze Pumpe bei Hoyerswerda sowie die Richtfunkstellen Radebeul bei Dresden und Lugstein bei Zinnwald im Erzgebirge und weitere über 400 unbemannte Fernsehfüllsender zur Versorgung der Bevölkerung in gebirgigen Lagen gehörten bis zur Auflösung des Funkamts 1990 dazu. Aber auch kleine Mittelwellensender, die als Störsender gegen den RIAS dienten und mit Inkrafttreten des Genfer Wellenplans im November 1978 außer Betrieb gingen, waren Dienststellen des Funkamts Dresden. 40 Jahre lang strahlte der Großsender Wilsdruff sein Programm in guter Qualität in den Äther. Seit der politischen Wende in Osteuropa aber verlor die Mittelwelle weltweit an Bedeutung. Die 250-Kilowatt-Mittelwellen-Anlage in Wilsdruff sendete als einziger Sender Deutschlands bis zur endgültigen Abschaltung am 30. Juni 1993 das beliebte MDR-Jugendprogramm DT 64/MDR Sputnik. Mit modernen volltransistorisierten und unbemannten Sendern wurden danach die Programme RadioRopa, Stimme Russlands und MDRinfo mit verschiedenen Leistungen aus Wilsdruff über den 153 Meter hohen Rohrmast ausgestrahlt, bis Ende April 2013 die Mittelwellenabstrahlung in Mitteldeutschland eingestellt wurde. Bereits im Jahr 1995 wurde das Objekt des Funkamts Dresden in Wilsdruff mit dem Mittelwellen-Großsender und allen technischen Anlagen in seiner Gesamtheit von Landschaft, Architektur und Technik in die Denkmalliste des Freistaats Sachsen aufgenommen. Seit dem Verkauf des Geländes im Jahr 2006 an eine Privatperson und der Nutzung als landwirtschaftlicher Betrieb sind das Betreten beziehungsweise die Besichtigung der noch vollständig erhaltenen Anlage nicht mehr möglich. Engagierte Wilsdruffer und ehemalige Mitarbeiter des Funkamts Dresden gründeten 2013 den Technikverein-Sender-Wilsdruff e.V., der sich um den Erhalt des Denkmals bemüht. ,,Langfristig geht es darum, Wege zu suchen, die einerseits das Recht der privatrechtlichen Nutzung des Denkmals seitens des Eigentümers wahren und andererseits den Schutz und die Erhaltung der letzten vollständig erhaltenen Sendeanlage aus den 195Oer-Jahren in Deutschland in den Blick rücken. Denn die einzige derartige Anlage in Sachsen gehört aufgrund ihrer gestalterischen Qualität und Ursprünglichkeit zu den frühen Zeugnissen der DDR-Architektur." - So die Vertreter der Stadt Wilsdruff anlässlich eines Symposiums zum 60. Jahrestag der Einweihung des Senders. Literatur und Quelle: Siegfried Hermann, Wolf Kahle, Joachim Kniestedt: Der deutsche Rundfunk, Heidelberg 1994 Hagen Pfau: Mitteideutscher Rundfunk, Radio-Geschichte(n), Altenburg 2000 Bundesarchiv Signatur DM303/1 307 Hans-Joachim Böhme arbeitete nach seinem Studium an der Hochschule für Verkehrswesen ,,Friedrich List" Dresden, bei der Deutschen Post und der Deutschen Tele- kom in verschiedenen Führungsfunktionen im Funkwesen und von 1996 bis zu seinem Vorruhestand 2008 im Qualitätsmanagement der Telekom. Jetzt beschäftigt er sich mit der Dokumentation des Funkwesens bei der Deutschen Post. Anmerkung: Der Artikel wurde mit Erlaubnis von H.-J. Böhme, den er in der Zeitschrift, DAS ARCHIV 3/2014, Magazin für Kommunikationsgeschichte, veröffentlichte ohne die von ihm hinterlegten Fotos übernommen.
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